Stau am Bau – Interview mit Frauke Nolting

Es wird zu wenig gebaut. Der daraus resultierende Wohnungsmangel in Deutschland ist weiterhin ein vordringliches Problem. Auch die Leerstandquoten gehen immer weiter zurück, insbesondere in den Ballungszentren. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte eigentlich den Plan, dass im Jahr 2022 ungefähr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 als Sozialwohnungen. Nun geht sie davon aus, dass auch 2023 diese Zahl nicht erreicht wird. Für die beiden dann folgenden Jahre ist sie zuversichtlich. Wer jetzt Wohnraum sucht, will natürlich so lange nicht warten.

Warum dies so ist und was in Zukunft am Immobilienmarkt erleben werden, fragten wir unsere Geschäftsführerin Frauke Nolting.

 

Frage: Hallo, Frau Nolting, was ist derzeit los am Bau- und Wohnungsmarkt?

Frauke Nolting: Das letzte Jahr komplettes Chaos! Der Ukraine-Krieg hat die Teuerungswelle – unter anderem eine Auswirkung der Coronakrise – die wir vorher schon verzeichnen konnten, nochmal ins Utopische steigen lassen. Dazu kam, dass man wenig und nur sehr schleppend Material bekam. Manchmal war das berechtigt, manchmal stand dahinter aber auch bloße Zockerei seitens der Hersteller. Aber auch einige Handwerksbetriebe haben sich die Notsituation zu Nutze gemacht und Luxus- Preisaufschläge gemacht. Die Kunden hatten ja kaum eine Wahl und mussten zahlen. Gleichzeitig hatte man aber auch keinerlei Kostensicherheit, da die Handwerksbetriebe keine Materialkostengarantie gegeben haben, dies teilweise auch gar nicht konnten. Das ist so ziemlich für jeden, der gerade im Bau war, eine absolute Belastungsprobe gewesen, vielen hat es auch finanzierungsmäßig gesehen das Genick gebrochen. Wir haben von etlichen Bauträgern und Immobilienfirmen gehört, die Insolvenz anmelden mussten. Auch Privatleute, die mit ihrem kalkulierten Baugeld nicht mehr klarkamen und nachfinanzieren mussten, wobei die Bank aber nicht mitgespielt hat. Daher hatten wir auch, als sich dieses Chaos abzeichnete, beschlossen, nicht mit dem Bau unserer Objekte zu beginnen, sondern zu warten, bis wieder halbwegs Ruhe einkehrt und man zumindest Kostensicherheit hat.

Frage: Wie wird sich Ihrer Ansicht nach die Wohnsituation in Deutschland entwickeln?

Portrait von Frauke Nolting, Geschäftsführerin der GEFRA Grund und Wert GmbH

Frauke Nolting, Geschäftsführerin der GEFRA Grund und Wert GmbH

Frauke Nolting: Es wird besonders für Familien und Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen immer schwieriger, eine passende und bezahlbare Wohnung zu finden. Die Zahl der verfügbaren Sozialwohnungen wird ebenfalls weiter sinken. Auch in anderen Segmenten wird die Nachfrage wieder deutlich anziehen, denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen und nicht verhandelbar. Anders als z.B. bei Schokolade kann man nicht einfach sagen, man verzichtet darauf. Scheinbar beginnt auch die Regierung das zu verstehen, denn nun kommen plötzlich die ganzen Fördermöglichkeiten für den Immobilienbau Stück für Stück zurück, die man vergangenes Jahr noch kurzfristig einkassiert hat. Nur werden diese bei weitem nicht ausreichen, um den Wohnungsbau in dem Maße anzukurbeln, wie es sein müsste. Wir werden nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den kommenden Jahren einen gravierenden Wohnungsmangel haben! Damit einher geht auch, dass die Preise nicht oder nur marginal sinken werden.

Frage: Was müsste aus Ihrer Sicht passieren, damit der Wohnungsbau wirklich richtig angekurbelt wird?

Frauke Nolting: Zunächst einmal muss mehr Bauland ausgewiesen werden. Das haben viele Städte und Kommunen in den vergangenen Jahren verpasst, dass muss man mal in aller Offenheit sagen. Dazu kommt, dass die Verfahren von Umwandlungen von Grün- oder Ackerflächen in Bauland deutlich beschleunigt und bürokratisch entschlackt werden müssten. Wir haben bei unserem Objekt in Fronhausen ganze 5 Jahre benötigt, um den B-Plan aufstellen zu können. Und das lag nicht an einer langsamen Arbeitsweise unsererseits, sondern weil man bald für alles und jedes ein Gutachten einholen muss, und/oder vorgeblich seltene Tiere einfangen und schützen muss. Ich kann im Falle von Fronhausen viel über eine imaginäre Zauneidechse erzählen. Das sind alles Kosten, die ein Projektentwickler und Bauträger natürlich auf die Kostenkalkulation schlagen muss, mit anderen Worten, es macht die Wohnungen teuer. Und das ist oft völlig unnötig!
Dazu kommt, dass auch die Vorschriften beim eigentlichen Bau immer komplizierter und aufwendiger werden. Allein im Bereich des energieeffizienten Bauens gibt es viele Auflagen, wobei das Verhältnis von Nutzen und Lasten in einem grotesken Missverhältnis stehen. Alles zusätzliche Kosten, die letztendlich der Käufer und dann natürlich der Mieter zahlen muss.

Frage: Sie gehen also nicht von einer nennenswerten Neubautätigkeit in diesem Jahr aus?

Frauke Nolting: Es wird Neubautätigkeit geben, aber nicht in dem Ausmaß wie in den vergangenen Jahren und nicht mal annähernd so viel, wie nötig wäre. Denn selbst, wenn nun all die Vorhaben, die im Zuge der Krise auf Eis gelegt worden sind, zur Realisation kämen, würde das nur einen kleinen Prozentsatz dessen ausmachen, was man bräuchte. Wie gesagt, es braucht mehr Bauland, weniger Bürokratie und keine unsinnigen Auflagen beim Bau.

Frage: Eines der beiden derzeit von der GEFRA betriebenen Bauprojekte ist Ihr Objekt in Beltershausen. Wie ist dort der Stand der Dinge?

Frauke Nolting: im Frühjahr soll in Beltershausen mit den Arbeiten begonnen werden können.

Frage: Das zweite Bauprojekt ist in Fronhausen geplant. Welchen Status quo haben wir dort, und wie wird es weitergehen?

Frauke Nolting: Hier wird in Kürze mit der Erschließung des Grundstücks begonnen. Wir haben derzeit die Ausschreibungen vorbereitet, um die Unternehmen auszuwählen, die die Arbeiten durchführen werden.